Gen Z vs. Arbeitswelt

“Kein Bock auf Arbeit”, “Zerstört Gen Z die Arbeitswelt?”, “Jung, fordernd, missverstanden?”, “Gen Z in der Arbeitswelt: Nicht schlechter, nur anders”, “Rettet Gen Z die Arbeitswelt?” … 

Über kaum eine Generation wird so viel debattiert wie über die vermeintlich Social Media-gesteuerte, umweltbewusste, woke und arbeitsscheue Generation der 1995-2010er. Die Medien können sich nicht einigen, ob die heute Anfang 20-Jährigen einen dringend benötigten frischen Wind darstellen oder Unternehmen zugrunde richten. In diesem Artikel wollen wir einen Blick auf die Fakten zur Gen Z und ihre Arbeitseinstellungen werfen und so die Frage beantworten: Ist diese Generation wirklich so gefährlich für die Arbeitswelt?

Ein Beitrag von Lisa Rätze

 

Wie tickt Gen Z?

Vorab soll gesagt sein: Nicht jeder Mensch einer Generation denkt gleich, nicht alle Personen einer Kohorte haben die gleichen Ansichten und nicht alle vertreten die gleichen Werte. Es gibt jedoch Einstellungen und Verhaltensweisen, die bezeichnend für bestimmte Geburtenjahrgänge sind und in diesen häufig beobachtet werden. Deshalb wird im Folgenden von Merkmalen gesprochen, die Generation Z im genannten Rahmen kennzeichnen.

Menschen, die heute Anfang 20 sind, sind in einer zunehmend digitaler werdenden Welt aufgewachsen. Sie haben daher eine natürliche Affinität zu Technologien und sozialen Medien, was ihre Kommunikationsweise und Informationsaufnahme tiefgreifend beeinflusst. Diese Generation nutzt Technologie nicht nur als Werkzeug, sondern auch als integralen Bestandteil ihres sozialen Lebens. Daraus resultieren neue Formen der Kollaboration und des Netzwerkens, die sowohl im privaten als auch im beruflichen Kontext Anwendung finden.

Darüber hinaus hat der ständige Zugang zu Informationen und globalen Perspektiven Generation Z dazu veranlasst, Wert auf Transparenz und Authentizität in allen Lebensbereichen zu legen. Sie sind sich der sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen ihrer Zeit sehr bewusst und erwarten von den Marken und Organisationen, mit denen sie interagieren, entsprechendes ethisches Handeln. Der Deloitte Gen Z and Millennial Survey 2023 zeigt, dass diese Generation ihre Arbeitgeber nach deren sozialem und ökologischem Engagement bewertet. Eine bessere Balance zwischen Arbeit und Privatleben sowie die gesellschaftlichen Bemühungen der Arbeitgeber werden positiv hervorgehoben (3).

Gen Z sucht nach Arbeitsumgebungen, die nicht nur flexible Arbeitszeiten und -orte bieten, sondern auch eine Kultur, die schnell auf Veränderungen reagiert und individuelle Leistungen anerkennt. Die Generation Z schätzt insbesondere flexible Arbeitsbedingungen, eine gesunde Work-Life-Balance und sinnstiftende Aufgaben. Eine US-amerikanische Umfrage von ResumeLab enthüllt, dass 83 % der Gen Z-Arbeitnehmer:innen als Jobhopper betrachtet werden können, wobei viele bereits mehrere Arbeitsstellen in ihren kurzen Karrieren hatten. Allerdings priorisieren sie persönliche Entwicklung und sinnvolle Arbeit über finanzielle Anreize, was ihr häufiges Wechseln erklären könnte​ (7).

Die Prägung durch eine digitale Welt führt auch zu Herausforderungen. So kann die ständige Konnektivität zu Überforderung und Stress führen, was wiederum die Bedeutung von psychischer Gesundheit und Wohlbefinden in den Vordergrund rückt. Unternehmen, die die Bedürfnisse dieser Generation ernst nehmen, müssen daher Wege finden, diese Aspekte in ihrer Unternehmenskultur zu integrieren und Unterstützung anzubieten.

 

Kampf der Generationen am Arbeitsplatz

Die eingangs zitierten Schlagzeilen haben längst erkannt, dass die junge Generation andere Anforderungen an ihre Arbeitgeber stellt. Studien, wie die von EY 2023 durchgeführte “Gen Z Segmentation Study” zeigen, dass Gen Z starke Einflüsse auf Arbeitsplatzkulturen hat, indem sie auf integrative Praktiken und ethische Standards Wert legt (4).

Ihre Erwartungen an Transparenz, Authentizität und soziale Verantwortung von Unternehmen sind hoch, was Unternehmen herausfordert, ihre Ansätze entsprechend anzupassen. Doch laut Dr. Monika V. Kronbügel scheint: “Der Schmerz [...] offenbar noch nicht groß genug”, damit Unternehmen auf die Veränderungswünsche ausreichend eingehen. Stattdessen kommt es zu medial ausgetragenen Generationskonflikten in Teams und Organisationen (5).

In vielen Bereichen arbeiten heute sogenannte Baby Boomer (1956-1965), Generation X (1966-1980) und Y (1981-1995) sowie die Generation Z zusammen. Das sind vier unterschiedlich sozialisierte Generationen, die mit verschiedenen Werten ihren Arbeitsalltag bestreiten. Dass nur die Jüngsten unter ihnen für derartige Schwierigkeiten sorgen, erscheint fragwürdig. Vielmehr werden Verhaltensweisen unterschiedlich interpretiert und führen, je nach Einstellung, zu Unverständnis und Missmut. Laut Timo Müller, dem Leiter des Instituts für Konfliktmanagement und Führungskommunikation (Ikuf), gehöre es für “Baby Boomer” zur Normalität, länger zu arbeiten und Überstunden in Kauf zu nehmen. Eine Person der Generation Z, so Müller, würde eher argumentieren, dass durch Überstunden wichtige Freizeit und der Ausgleich zum Arbeitstag verloren gingen und sei daher eher nicht bereit, länger zu bleiben. Wenn also jüngere Teammitglieder pünktlich nach Hause gehen, könnten die älteren Kolleg:innen das als Faulheit interpretieren (8).

Wiederum könnte auch ein Mitglied der Gen Z die Abneigung des Vorgesetzten “Baby Boomers” gegen Online-Meetings als rückwärtsgewandt und eingefahren interpretieren, während dahinter lediglich die fehlende technische Kompetenz des älteren Teammitglieds steckt und keine böse Absicht.

So prallen jeden Tag Erwartungen, Meinungen und Einstellungen unterschiedlicher Generationen, aber vor allem unterschiedlicher Individuen aufeinander. Somit gilt im Umgang mit Gen Z vorrangig: Miteinander statt übereinander reden.

 
 

Positive Einflüsse der jungen Generation

Da dieser Artikel von einem Mitglied der Generation Z verfasst wird, stand von Anfang an fest, dass es kein Schmähartikel über die Faulheit, Wechselbereitschaft und Eigennützigkeit der Gen Zler werden soll. Stattdessen lohnt es sich, die Anforderungen, die junge Menschen an ihre Arbeitgeber stellen, als Chancen und Wachstumspotenziale zu begreifen. Wenn ein Unternehmen regelmäßig Kandidat:innen im Bewerbungsprozess verliert, weil es keine oder kaum flexible Arbeitszeiten zulässt, dann sollte der Schluss daraus nicht sein: Junge Menschen sind zu faul, um acht Stunden am Stück zu arbeiten. Vielmehr könnte ein Ansatz so aussehen, zu hinterfragen, inwiefern die Aufweichung der geregelten Arbeitszeiten auch Vorteile mit sich bringen könnte und warum dieses Anliegen den Bewerber:innen so wichtig ist. Nicht zuletzt hat auch die Pandemie gezeigt, dass eine Umstrukturierung von Arbeitsprozessen gelingen kann, wenn der Wille (und die Notwendigkeit) da ist.

Im Folgenden sollen ein paar Aspekte beleuchtet werden, wie die Werte und Einstellungen der Gen Z die Arbeitswelt bereichern können:

  1. Förderung von Flexibilität und Work-Life-Balance

    Eine ausgewogene Work-Life-Balance und mentale Gesundheit sind Arbeitnehmer:innen der Generation Z besonders wichtig, was Unternehmen dazu zwingt, flexiblere Arbeitsmodelle zu entwickeln. Sie sind besonders daran interessiert, dass ihre Arbeitgeber Maßnahmen zur Unterstützung der mentalen Gesundheit und zur Förderung einer gesunden Work-Life-Balance implementieren (3). Diese flexiblen Modelle kommen im Gegenzug allen Mitarbeitenden zugute: Sie fördern nicht nur das Wohlbefinden, sondern können auch Produktivität und Zufriedenheit steigern.

  2. Vorantreiben der Digitalisierung

    Gen Z ist die erste Generation, die vollständig in einer digitalen Welt aufgewachsen ist, was sie zu natürlichen Anwender:innen neuer Technologien macht. Diese technologische Affinität hilft Unternehmen, digitale Transformationen schneller und effektiver umzusetzen. Studien zeigen, dass die Generation Z innovative digitale Werkzeuge und Plattformen problemlos in ihre Arbeitsprozesse integriert, was zu effizienteren Arbeitsabläufen und besseren Ergebnissen führt (1, 6).

  3. Förderung von Diversität und Inklusion

    Junge Menschen erwarten von ihren Arbeitgebern, dass diese Diversität und Inklusion aktiv fördern. Unabhängig von den Werten dieser Generation sind eine inklusive Arbeitsumgebung und diverse Teams essenziell, wenn Unternehmen globalen Transformationsprozessen standhalten möchten. Laut einer globalen Umfrage von Catalyst bevorzugen Mitglieder der Generation Z Organisationen, die eine vielfältige und inklusive Kultur pflegen, und bleiben diesen Unternehmen länger treu (2).

  4. Soziale und ökologische Verantwortung

    Generation Z legt großen Wert auf soziale und ökologische Verantwortung. Sie bevorzugen Arbeitgeber, die aktiv Maßnahmen gegen den Klimawandel ergreifen und sich für soziale Gerechtigkeit einsetzen. Unternehmen, die diese Werte in ihre Unternehmenskultur integrieren, profitieren darüber hinaus von einem positiven Unternehmensimage und einer engagierten Belegschaft.

 

Die Perspektive wechseln

Abschließend lässt sich sagen, dass die Spannungen zwischen den Generationen nicht primär durch die Eigenarten einer bestimmten Altersgruppe entstehen, sondern vielmehr durch mangelnde Kommunikation und unterschiedliche Wertevorstellungen. Statt in Generationenkonflikten zu verharren, sollten Unternehmen den Fokus auf gegenseitiges Verständnis und Zusammenarbeit legen. Ein vielversprechender Ansatz ist individuelles Coaching, das Mitarbeitenden aller Altersgruppen hilft, die Perspektiven ihrer Kolleg:innen besser zu verstehen. Solche Maßnahmen fördern die Fähigkeit, wohlwollend aufeinander zuzugehen und tragen dazu bei, eine respektvolle und produktive Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Indem Unternehmen in Kommunikation und Perspektivwechsel investieren, können sie das Potenzial der Generationenvielfalt nutzen und eine harmonischere, effektivere Zusammenarbeit erreichen.

Erlebst du in deinem Unternehmen auch Spannungen zwischen den Generationen? Dann vereinbare gerne ein unverbindliches Kennenlerngespräch, in dem wir dir die Möglichkeiten von individuellem Business Coaching als Chance für eine bessere Zusammenarbeit aufzeigen.

 
 

Quellen:

  1. Benítez-Márquez, M. D., Sánchez-Teba, E. M., Bermúdez-González, G., & Núñez-Rydman, E. S. (2022). Generation Z within the workforce and in the workplace: A bibliometric analysis. Frontiers in Psychology, 12, 736820. doi:10.3389/fpsyg.2021.736820. Verfügbar unter: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fpsyg.2021.736820/full

  2. Catalyst. (2020). Generation Z, the future workforce (Trend Brief). Catalyst. Verfügbar unter: https://www.catalyst.org/research/generation-z-the-future-workforce/

  3. Deloitte United States. (2023). 2023 Gen Z and Millennial Survey. Deloitte. Verfügbar unter: https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/global/Documents/deloitte-2023-genz-millennial-survey.pdf

  4. EY Building World. (2023). Understanding the influence of Gen Z today can empower your tomorrow. Ernst & Young. Verfügbar unter: https://www.ey.com/en_us/workforce/how-can-understanding-the-influence-of-gen-z-today-empower-your-tomorrow

  5. Funk Gruppe. (2023). Wie die Gen Z die Arbeitswelt verändert. Funk Gruppe. Verfügbar unter: https://www.funk-gruppe.de/de/themen-blog/karriere/wie-die-gen-z-die-arbeitswelt-veraendert

  6. McKinsey & Company. (2023). On Point: Gen Z's workplace must-haves. McKinsey & Company. Verfügbar unter: https://www.mckinsey.com/business-functions/organization/our-insights/on-point-gen-zs-workplace-must-have

  7. ResumeLab. (2023). 83% of Generation Z workers are job hoppers. Verfügbar unter: https://www.resumelab.com/job-market-research/gen-z-job-hopping-statistics

  8. ZEIT Online. (2022, 1. Juli). Generationskonflikte am Arbeitsplatz lösen. ZEIT Online. Verfügbar unter: https://www.zeit.de/news/2022-07/01/generationskonflikte-am-arbeitsplatz-loesen

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