Zielsetzung in der Führung

MBO war gestern - doch was ist heute?

In der Welt des modernen Geschäfts sind klare Ziele von entscheidender Bedeutung, aber die traditionelle Methode des "Management by Objectives" (MBO) gerät zunehmend in die Kritik. Unternehmen erkennen, dass die sich wandelnde Arbeitswelt und die Vielschichtigkeit menschlicher Beziehungen eine Anpassung der herkömmlichen Zielsetzungsansätze erfordern. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Evolution der Zielsetzung in der Führung, von den Anfängen bis zu aktuellen Trends, und beleuchten dabei wie SMART(e) Zielsetzung in der Praxis gelingt.

Ein Beitrag von Lisa Rätze

 

Die Bedeutung von Zielen und Motiven in der Führung

Sowohl in der Steuerung von Unternehmen als auch bei der Führung von Teams und Mitarbeitenden stellen Ziele heute eines der wichtigsten Management-Instrumente dar. In einer immer komplexer werdenden Arbeitswelt, in welcher unterschiedliche Branchen, Fachbereiche und Expert:innen zusammen an einem Projekt arbeiten, ermöglichen Ziele es, diese Arbeit zu steuern ohne die konkreten Tätigkeiten vorgeben zu müssen. Die Ziele orientieren sich heute somit stärker am Ergebnis der Arbeit als an der Art und Weise, wie die Arbeit erledigt wurde.

Um für diesen Beitrag ein gemeinsames Verständnis für Ziele und Zielvereinbarungen zu schaffen, legen wir folgende Definitionen zugrunde:

Ziele beschreiben vorausgedachte Ergebnisse. Sie geben die Richtung an, in die Energie eingesetzt werden soll. Wer die Zielplanung vernachlässigt, verliert den Blick auf das Wesentliche. (6)

Zielvereinbarungen stellen verbindliche Absprachen dar, die zwischen zwei oder mehr Ebenen in einem Unternehmen getroffen werden. Diese beinhalten Leistungen oder Ergebnisse, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums erbracht werden sollen. (4)

Klare Ziele und effektive Führung sind untrennbar miteinander verbunden und bestimmen den Erfolg eines Unternehmens maßgeblich. Auf Unternehmensebene dienen Ziele als Leitfaden und schaffen eine klare Ausrichtung für Aktivitäten und Bemühungen. Sie ermöglichen die Messung von Fortschritten und stellen sicher, dass Prioritäten gesetzt und Entscheidungen richtig getroffen werden können. Die Kommunikation der Ziele trägt ebenfalls zur Unternehmenskultur bei und soll die gemeinsame Wertekultur definieren. Firmen verschreiben sich dabei gern einem „Purpose“, der an die intrinsische Motivation der Mitarbeitenden appellieren soll und zum Marketinginstrument wird. (5)

Genau hier liegt ein weit verbreitetes Missverständnis: Es wird angenommen, die intrinsische Motivation wäre bei den Mitarbeitenden einfach da und würde ausreichen, um sie für die geforderten Ziele zu motivieren. Tatsächlich mag der Purpose, wenn er gut gewählt ist, eventuell ein Grund sein, um sich für den Job einzusetzen. Jedoch wird das in den seltensten Fällen ausreichen, um Mitarbeitende für alle Aufgaben, To-Dos und Herausforderungen zu motivieren, die der Job mit sich bringt. Es ist daher unbedingt notwendig Ziele und Motive zu managen, denn beide bedingen sich gegenseitig.

Die Begriffe Ziel und Motiv werden oft synonym verwendet, dabei meinen sie nicht das Selbe:

Man kann ein Motiv haben (z.B. Durst) ohne bereits das Ziel zu kennen (ein Glas Wasser trinken), um es zu befriedigen. Gleichzeitig können wir auch Ziele vorgegeben bekommen, ohne dafür motiviert zu sein (die Anweisung ein Glas Wasser zu trinken ohne durstig zu sein). (5)

Nun wird noch einmal klarer, warum Ziele und Motive beide einen gleichrangigen Stellenwert einnehmen: Einer unmotivierten Zielsetzung fehlt die Kraft, einem ungesteuerten Motiv die Richtung. Wenn beides gleichrangig existiert und ineinandergreift, ist das das Resultat eines guten Managements. Und an dieser Stelle kommen die Führungskräfte ins Spiel.

 
 

Führungskräfte als Zielbotschafter?

Motive zu fördern und Ziele für einzelne Teams oder Mitarbeitende zu setzen, obliegt den direkten Vorgesetzten. Sie müssen die Zielvereinbarungen, die sie selbst schließen, in Einklang mit den Zielvorstellungen des Unternehmens bringen. Dabei leisten sie häufig einen schwierigen Spagat: Ihre Angestellten dürfen keine Ziele vorgesetzt bekommen, ohne die entsprechende Motivation zu verspüren diese zu erreichen und gleichzeitig bekommen auch die Führungskräfte Zielvorgaben, die sie unter Zugzwang bringen. 

Bereits seit den 1950er Jahren hat sich Management über Ziele mithilfe des MBO-Systems (Management by Objectives) als Standard in den Unternehmen etabliert. MBO gilt heute teilweise als veraltet und überholt, vor allem da das Festhalten an quantitativen, messbaren Zielen, die qualitativen und emotionalen Aspekte von Zielerreichung und Motivation außer Acht lässt. Spätestens seit der Verknüpfung von Zielerreichung und Boni-Ausschüttung wurde MBO mehr und mehr zum Instrument von Produktivitätstracking. (7)

Zwei der Hauptprobleme, die Managementstile wie MBO in der heutigen Arbeitswelt mit sich bringen, ist einerseits die offene Frage warum, wessen Ziele verfolgt werden und andererseits, die zunehmende Komplexität eines Aufgabenbereichs, der sich immer schlechter in messbare Ziele herunterbrechen lässt. Führungskräfte sahen sich immer häufiger gezwungen an Zielen festzuhalten, hinter denen sie selbst nicht standen. Oder sie vernachlässigten die individuellen Ziele ihrer Angestellten, woraufhin es einen immer stärker werdenden Abfall an Motivation gab.

Modernere Zielvereinbarungssysteme begreifen Führungskräfte nicht mehr als Zielbotschafter sondern als Mitgestaltende von Zielen. Eine der aktuell beliebtesten Formen eines Zielsystems ist, das von Andy Grove bei Intel entwickelte und von John Doerr bei Google verbreitete Konzept, Objectives and Key Results (OKR). In diesem Managementsystem erfolgt Zielvereinbarung nicht mehr top-down sondern bottom-up und sideways. Das heißt, dass der gemeinsame Abstimmungs- und Entwicklungsprozess in den Vordergrund rückt und Ziele auch auf den verschiedenen Ebenen entwickelt werden können. Führungskräften kommt somit eine aktive Rolle zu, in der sie mit ihrem Team in Diskussion gehen müssen. (2)

Moderne Zielvereinbarung bedeutet gemeinsam Ziele zu formulieren, in den Austausch zu gehen und diese nicht als Fixpunkte zu betrachten, sondern sie stetig weiterzuentwickeln. Im Sinne der Motivation darf ein Aspekt dabei nicht außer acht gelassen werden, den auch John Doerr eindrücklich betont: Es ist entscheidend, über das why zu sprechen. (2) Führungskräfte müssen vor allem schaffen, einen individuellen Zugang zu ihren Mitarbeitenden zu finden, ihr persönliches why zu erkennen und es mit dem Purpose des Unternehmens in Einklang zu bringen. So können Motive und Ziele ebenfalls im Einklang miteinander stehen.

 

Ziele SMART setzen

Obwohl Aufgabenfelder immer komplexer werden und daher die zuvor ausgeführten Strategien unbedingt Beachtung finden sollten, gibt es im Arbeitsalltag auch oft genug Situationen in denen Ziele ganz klar definiert werden können: Wir möchten jeden Monat einen Blogtext veröffentlichen und am Ende des Jahres 10% mehr Website-Klicks im Vergleich zum Vorjahr verzeichnen. Wie könnte dieses Ziel nun gemeinsam mit den Mitarbeitenden so formuliert werden, dass die nötigen Schritte zur Zielerreichung für alle Beteiligten klar sind?

Eine beliebte Methode zur Zielformulierung ist das SMART-Prinzip. Hinter dem Akronym SMART verbergen sich fünf Kriterien, die bei der Zielvereinbarung beachtet werden sollten

1. Spezifisch

Das Ziel sollte für alle Beteiligten klar, verständlich und nachvollziehbar definiert sein. Am besten wird das Ziel schriftlich fixiert, sodass keine Interpretationsspielräume bleiben.

2. Messbar

Bei dieser Methode geht es um Ziele, die sich auf quantifizierbare Größen zurückführen lassen, zum Beispiel Klickzahlen, Umsatz oder Marktanteile. Die Grenzen von Messbarkeit sind schwammig, daher ist Vorsicht geboten bei Messungen anhand von qualitativen Faktoren wie unter anderem Kundenzufriedenheit.

3. Anspruchsvoll

Die Zielvereinbarung sollte für die Mitarbeitenden attraktiv und herausfordernd sein. Wenn es keine Ambition erfordert ein Ziel zu erreichen, dann wird die Motivation der Mitarbeitenden dementsprechend gering sein.

4. Realistisch

Dieses Kriterium relativiert das vorherige in gewisser Weise. Ein gutes Ziel darf nicht überfordern. Der Anspruch sollte stets daran gemessen werden, welche Leistungspotenziale und Entscheidungsbefugnisse vorhanden sind und welche individuellen Ressourcen dem Mitarbeitenden zur Verfügung stehen.

5. Terminiert

Ein Ende des Ziels oder ein Zustand der Zielerreichung sollte bereits zu Beginn klar formuliert sein. Dazu kann dann ein Zeitpunkt terminiert werden, der sich häufig noch in Teilziele untergliedern lässt. Auch für Teilziele sollte es klare Deadlines geben.

(1 & 3)

 

Wie unterstützt Coaching den Prozess der Zielsetzung?

Das Themenfeld der Ziele, Motive und Zielvereinbarungen ist komplex und stellt viele Führungskräfte immer wieder vor Herausforderungen. Insbesondere in Arbeitsumfeldern, die sich von traditionellen Arbeits- und Managementmethoden entfernen, fehlt es häufig an persönlicher Betreuung bei der Adaption neuer Vorgehensweisen. Individuelles Business Coaching kann eine wertvolle Ressource sein, um Führungskräfte in in ihrer Rolle als Motivator:innen und Zielgestalter:innen zu stärken.

Indem individuelle Stärken und Entwicklungsbereiche identifiziert werden, können Coaches Führungskräfte dabei unterstützen, effektivere und inspirierende Ziele für ihre Teams zu setzen. Angesichts der Evolution von Zielsetzungsansätzen, wie dem Wechsel von MBO zu moderneren Methoden wie OKR, kann Business Coaching Führungskräfte auch bei der Anpassung an neue Systeme unterstützen. Coaches bieten Orientierung und begleiten den Prozess der Einführung neuer Zielsetzungsmethoden, um sicherzustellen, dass sie effektiv in die Führungspraxis integriert werden.

Auch auf individueller Ebene ermöglicht Coaching nicht nur Führungs-, sonder auch Fachkräften, ihre persönlichen Ziele zu reflektieren und mit den übergeordneten Unternehmenszielen in Einklang zu bringen. Coaching kann dazu beitragen, individuelle Motivationen zu erkennen und Strategien zur Selbstmotivation zu entwickeln, was besonders in einer Zeit, in der traditionelle Motivationsansätze hinterfragt werden, von entscheidender Bedeutung ist.

Nimm gern Kontakt zu uns auf und erfahre in einem persönlichen Beratungsgespräch genauer, wie unsere Coaching Lösung das Thema Zielsetzung nachhaltig und erfolgreich fördern kann. 

 

Quellen:

  1. Bartscher, T., Frick, J. (2009, February). Ziele und Zielvereinbarungen. Praxiswissen Update. https://www.haufe-akademie.de/downloads_shop/documents/4118.pdf

  2. Doerr, J. (2018). Measure What Matters: How Google, Bono, and the Gates Foundation Rock the World with OKRs. https://bpmtraining.net/wp-content/uploads/2021/07/Measure-What-Matters-John-Doerr.pdf

  3.  Eyer, E., & Haussmann, T. (2021). Die Formulierung von Zielen – Vom Unternehmensziel zum Mitarbeiterziel. In Springer eBooks (pp. 39–50). https://doi.org/10.1007/978-3-658-35785-6_4

  4. Fleig, J. (2022, May 17). Zielvereinbarung als Führungsaufgabe. business-wissen.de. https://www.business-wissen.de/hb/zielvereinbarung-als-fuehrungsaufgabe/

  5. Innerhofer, C., & Innerhofer, P. (2022). Handlungsorientierte Führung: Motive und Ziele erfolgreich managen. Springer Gabler. 

  6. Kernen, H., & Meier, G. (2019). Mit den eigenen Ressourcen haushalten – persönliches Ressourcenmanagement für Führungskräfte und die Mitarbeitenden. In: Handbuch Angewandte Psychologie für Führungskräfte. Springer.

  7. Levinson, H. (2014, August 1). Management by whose objectives? Harvard Business Review. https://hbr.org/2003/01/management-by-whose-objectives

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